Inflation Deutschland Prognose 2023, 2024 und 2025, Prognose Inflation EuropaWie werden sich die Verbraucherpreise in den nächsen Jahren entwickeln? Hier finden Sie aktuelle und historische Prognosen zur Inflation. Steuert Deutschland 2023 auf eine Stagflation zu? Eine der interessantesten Fragen für die Wirtschaft und die Verbraucher ist die nach der Entwicklung der Inflation in Deutschland 2023. Die meisten Fachleute gehen von niedrigeren Verbraucherpreisen in Deutschland aus. Allerdings auch 2023 wohl immer noch auf sehr hohem Niveau von ca. 6,2%.
Die Energiepreise, die 2022 wesentlich mitverantwortlich für den Anstieg der Inflationsraten waren, sind 2023 rückläufig sein. Dafür dürften sich Zweitrundeneffekte auswirken: Die Lohnabschlüsse lagen 2022/2023 deutlich über dem langjährigen Mittel. Bei den Inflationserwartungen liegt in einigen Prognosen für 2024 die Kernrate über der Inflationsrate.

Gemeinschaftsdiagnose deutscher Wirtschaftsforschungsinstitute vom 28.09.2023 > 2023=6,1%, 2024=2,6%
ING vom 22.09.2023 > 2023=6,0%, 2024=2,3%
OECD
vom 19.09.2023 > 2023=6,1%, 2024= 3,0%
Europäisch Kommission
vom 11.09.2023 > 2023=6,4%, 2024=2,8% (HVPI)
Ifo
vom 07.09.2023 > Inflation 2023=6,0%, 2024=2,6%, 2025=1,9%
RWI Leibniz-Institut
vom 07.09.2023 > 2023=6,1%, 2024=2,3%, 2025=1,9%
IfW (Kiel) vom 05.09.2023  > 2023=6,0%, 2024=2,1%, 2025=2,1%
IW Prognose
29.08.2023 > 2023 = 6,5%

Die aktuellen Prognosen unterschiedlicher Wirtschaftsinstitute und -institutionen bezüglich der Inflationsraten in den kommenden Jahren variieren geringfügig, geben aber ähnliche Trends wieder: Für das Jahr 2023 sieht die OECD  die Inflationsrate bei 6,0%, die Europäische Kommission bei 6,4%. Das Ifo-Institut, das RWI Leibniz-Institut und das IfW Kiel setzen diese hingegen etwas niedriger an, nämlich auf 6,0%, 6,1% bzw. 6,0%. Der Durchschnittswert für 2023 liegt bei 6,1%. 2024 prognostiziert die Europäische Kommission eine Inflationsrate von 2,8%. Das Ifo-Institut erwartet 2,6%, das RWI Leibniz-Institut 2,3% und das IfW Kiel 2,1%. Der durchschnittliche Wert für 2024 beträgt 2,45%. Für das Jahr 2025 sind die Prognosen des Ifo-Instituts und des RWI Leibniz-Instituts identisch und liegen bei 1,9%. Das IfW Kiel erwartet für 2025 eine Inflation von 2,1%. Damit liegt der Durchschnittswert für 2025 bei 2,0%.
Die höchste prognostizierte Inflationsrate stammt von der Europäischen Kommission für 2023 mit 6,4%, während das IfW Kiel für 2024 und 2025 mit jeweils 2,1% die niedrigsten Raten vorhersagt.
Zusammenfassend zeigen die Prognosen einen Rückgang der Inflation über die Jahre, wobei die Unterschiede zwischen den Institutionen relativ gering ausfallen.

Interessant: 26. Juni 2023 Internationale Währungsfonds zur Situation – Infos weiter unten.

Übersicht der aktuellen Inflationsprognosen gibt Abbildung 1.

Aktuelle Inflationsprognosen für 2023, 2024 und 2025 im Chart

Abb. 1: Prognosen zur Inflation 2023, 2024 und 2025 Auswahl Marktteilnehmer. Erklärung und Quellen s. Text

Inflation in Deutschland Prognose 2023

Wo sehen die Institute die Verbraucherpreise in 2023? In der Tabelle 1 sind die Prognosen zusammengefasst. Für die Statistik: Der Mittelwert der Prognosen beträgt 6,2% und der Median 6,0% bei einer Standardabweichung von 0,5. Die geringste Inflationsrate wurde bei 5,4% gesehen, der Höchstwert liegt bei 8,0%. Letzterer stammt vom Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V. (DSGV), allerdings mit Prognosedatum 18. Januar 2023. Anfang des Jahres haben die meisten Analysten die Jahresinflation für 2023 höher eingeschätzt als aktuell.

Tab. 1: Prognosen zur Inflationsrate in Deutschland 2023

Organisation Prognose Datum Prognose Inflation 2023 [%]
Bundesregierung/BMWI Mai 2023 5,9%
Bundesverband deutscher Banken (BdB) 29.03.2023 5,9%
Commerzbank 25.09.2023 6,0%
Deka Bank Mai 2023 6,4%
Deutsche Bank Research 03.07.2023 6,1%
Deutsche Bundesbank (HVPI) 16.06.2023 6,0%
Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V. (DSGV) 18.01.2023 8,0%
DIHK 31.03.2023 6,0%
DZ Bank 16.02.2023 6,2%
Europäische Kommission (HVPI) 11.09.2023 6,4%
Gemeinschaftsgutachten Forschungsinstitute 28.09.2023 6,1%
Handelsblatt Research Institute (HRI) 22.09.2023 6,0%
Helaba März 2023 6,0%
HWWI Hamburg 07.09.2023 6,0%
ifo München 07.09.2023 6,0%
ING 22.09.2023 6,0%%
IMK Hans Böckler Stiftung 21.07.2023 5,3%
Institut für Weltwirtschaft Kiel  (IfW Kiel) 05.09.2023 6,0%
Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. (iw Köln) 29.08.2023 6,5%
Internationale Währungsfonds (IWF) 11.04.2023 6,2%
KfW 25.05.2023 6,3%
KPMG Mai  2023 6,1%
LBBW September 2023 6,0%
Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) 07.09.2023 6,0%
RWI Essen Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e.V. 07.09. 2023 6,1%
OECD (HVPI) 19.09.2023 6,1%
PwC Mai 2023 6,3%
Sachverständigenrat 23.03.2023 6,6%

Die Europäische Kommission erwartet, dass die Inflation im Jahr 2023 auf 6,4 % zurückgeht, was eine Abwärtskorrektur gegenüber der Frühjahrsprognose bedeutet. Im ersten Halbjahr 2023 ist die Inflation der Energie- und Dienstleistungspreise stärker zurückgegangen als erwartet. Dennoch dürfte die Inflation im Dienstleistungssektor bei steigenden Löhnen hoch bleiben. In Kombination mit den hohen Nahrungsmittelpreisen dürfte dies dazu führen, dass die Gesamtinflation auch im Jahr 2023 hoch bleibt.

Eine Prognose stammt von den einzelnen Mitgliedern des Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, e.V., die 2mal jährlich vorgestellt wird. Die Konjunkturprognose wurde am 20. Juni 2023 veröffentlicht. Der Prognosezeitraum bezieht sich auf die Datenlage in 6 Monaten (Tabelle 1.1) und damit auf Dezember 2023. Diese Werte weichen deutlich von denen in Tabelle 1 ab, da die Verbraucherpreise sehr wahrscheinlich im Jahresverlauf 2023 weiter abnehmen.

Prognose öffentlicher Banken

Der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands hat im Juni 2023 seine Halbjahresprognose veröffentlicht. Die Einschätzungen einzelner Banken sind in der Tabelle 1.1 angegeben. Die Institute erwarten im Jahresverlauf einen deutlichen Rückgang der Verbraucherpreise von 6,2% im Mai auf 4,0% (Mittelwert) zum Dezember 2023. Der Median beträgt 3,9%.

Tab. 1.1: Prognosen zur Inflation zum Dezember 2023 von BayernLB, DekaBank, Helaba (Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale) und LBBW (Landesbank Baden-Württemberg). Datenquelle: voeb.de

Bank 6 Monate Prognose zum 20.12.2023
BayernLB 4,5%
DekaBank 4,6%
DZ BANK 4,1%
Helaba 3,6%
LBBW 3,9%
NORD/LB 3,3%

Die Europäische Kommission zur Entwicklung der Verbraucherpreise (Stand Mai 2023: Die Inflation soll nachlassen

Im Jahr 2023 dürfte die Weitergabe des erhöhten Energiegroßhandelspreiswachstums durch die Preisobergrenzen für Gas und Strom abgemildert werden. Dennoch dürften die Preise für Verbraucher historisch hoch bleiben. Die weiterhin steigenden Erzeugerkosten dürften die HVPI-Inflation hochhalten und im Jahr 2023 bei voraussichtlich 6,8 % liegen. Es wird erwartet, dass das Lohnwachstum einen gewissen Aufwärtsdruck auf die Kerninflation ausüben wird, insbesondere im Dienstleistungssektor. Die Rentabilität der Unternehmen profitierte von den bisher moderaten Lohnsteigerungen und der Fähigkeit der Unternehmen, Kosten auf die Preise umzulegen, sodass Spielraum für eine teilweise Anpassung weiterer Lohnsteigerungen bestehen dürfte. Im Jahr 2024 wird die Inflation aufgrund sinkender Energiekosten voraussichtlich auf 2,7 % sinken.

Prognose 2024

Wie geht es 2024 mit den Verbraucherpreisen weiter? In der Tabelle 2 sind die Erwartungen verschiedener Institute und Organisationen angegeben. Im Vergleich zu den Prognosen 2023 gehen die Prognosen zur Inflationsrate 2024 von deutlich niedrigeren Werten aus

Tab. 2: Prognosen zur Inflation in Deutschland 2024

Organisation Datum Inflation Prognose 2024
Bundesregierung/BMWI Mai 23 2,7%
Bundesverband deutscher Banken (BdB) 29.03.2023 2,6%
Commerzbank 25.09.2023 2,7%
Deka Bank Mai 23 2,9%
Deutsche Bank Research 03.07.2023 2,3%
Deutsche Bundesbank (HVPI) 16.06.2023 3,1%
DZ Bank 16.02.2023 3,0%
Europäische Kommission HVPI 11.09.2023 2,8%
Gemeinschaftsgutachten Forschungsinstitute 28.09.2023 2,6%
Handelsblatt Research Institute (HRI) 22.09.2023 3,3%
Helaba 06.01.2023 3,5%
HWWI Hamburg 07.09.2023 2,8%
ifo München 07.09.2023 2,6%
IMK Hans Böckler Stiftung 21.07.2023 2,4%
ING 22.09.2022 2,3%
Institut für Weltwirtschaft Kiel  (IfW Kiel) 05.09.2023 2,1%
Internationale Währungsfonds (IWF) 11.04.2023 3,1%
KfW 25.05.2023 2,4%
KPMG Mai  2023 2,1%
LBBW September 2023 2,8%
Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) 07.09.2023 3,0%
OECD (HVPI) 19.09.2023 3,0%
PwC Mai 2023 2,8%
RWI Essen Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e.V. 07.09.2023 2,3%
Sachverständigenrat 23.03.2023 3,0%

Die Prognose der Europäischen Kommission für 2024 ist eine Inflationsrate für Deutschland von 2,8%. In 2024 dürfte ein allmählicher Rückgang der Warenpreise zu einem Rückgang der Gesamtinflation führen. Die EU-Kommission erwartet, dass auch die sinkende Energiepreisinflation zu dieser Verlangsamung beitragen wird, wenn auch weniger als bisher prognostiziert.

2025

Für 2025 liegen weniger Prognosen für die Änderung der Verbraucherpreise vor.

Tab. 3: Prognosen zur Inflation in Deutschland 2025

Organisation Prognose Datum Prognose 2025
Deutsche Bundesbank (HVPI) 16.06.2023 2,7%
ifo München 07.09.2023 1,9%
ING 22.09.2023 2,1%
IMF 11.04.2023 2,3%
Institut für Weltwirtschaft Kiel  (IfW Kiel) 05.09.2023 2,1%
LBBW September 2023 2,1%
Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) 07.09.2023 2,3%
RWI Essen Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e.V. 07.09.2023 1,9%
PwC Mai 2023 2,0%

In der aktuellen Prognose der Deutschen Bundesbank vom 16.06.2023 wird die Inflation 2025 bei 2,0% liegen. Die ING prognostiziert (Stand 22.08.2023) für 2025 den Wert von 2,1%. Der Internationale Währungsfonds geht in der Prognose vom 11. April 2023 für 2025 von einer durchschnittlichen Inflationsrate von 2,3% aus. Quellenangaben: siehe Literaturverzeichnis & Quellenangaben am Seitenende.

2026

Auch 2026 liegt außerhalb der Meisten Prognosen von Ökonomen und Banken. Der Internationale Währungsfonds geht in seiner Prognose vom 11.04.2023 von einer Inflation von 2,1% aus.

 2027

Der IMF wagt eine Inflations-Prognose für 2027, die ähnlich wie die zum Vorjahr nämlich 2,1% ausfällt. PwC prognostiziert einen Wert von 2,0%.

Organisation Prognose Datum Prognose 2025
IMF 11.04.2023 2,3%
PwC Mai 2023 2,0%

2028

Auch für dieses Jahr liegen außer der IMF-Schätzungen für die Verbraucherpreisentwicklung keine Daten vor.  Der IMF geht seinem World Economic Outlook vom 11.04.2023 für 2028 in Deutschland von 2,1% aus. PwC gibt 2,0% an.

2030

Für die Entwicklung der Inflation bis 2030 gibt es aktuell keine uns bekannte seriöse Prognose.

EZB HVPI Prognose für den Euroraum

Die EZB versucht seit 2010 die Verbraucherpreise im Euroraum auf 2% Zuwachs jährlich zu bekommen. Dazu hat sie u. a. etliche geldpolitische Maßnahmen ergriffen. Die 2% Zielmarke wurde bisher nicht erreicht. Und die Prognosen der ECB Survey of Professional Forecasters (SPF) von Mai 2023 zeigen, dass dies auch in 2023 vermutlich nicht der Fall sein wird.

Tab. 2: Mittlere erwartete HVPI-Inflationsraten für den Euroraum. Quelle: ecb.europa.eu

Prognosehorizont Prognose Inflation [%]
2023Q2 5,6
2023Q3
2023Q4
2024Q1 2,7
2024Q2 2,6
2024Q3
2024Q4
2025Q1 2,1
2025Q2 2,2
2025Q3
2025Q4
2026Q1
2026Q2
2026Q3
2026Q4
langfristig 2,0

Internationale Währungsfonds zu Inflationsprognosen

Für den Internationalen Währungsfonds sprach die stellvertretende Generaldirektorin Gita Gopinath am 26. Juni 2023 in Sintra auf dem EZB-Meeting zum Thema „Drei unbequeme Wahrheiten für die Geldpolitik“ (Quelle: imf.org). Im ersten Teil ihres Vortrags postulierte sie, dass die Inflation zu lange brauche, um wieder ihren Zielwert von 2% zu erreichen. Die Gesamtinflation sei zwar zurückgegangen, einzelne Komponenten blieben aber hoch. Als Beispiel nannte sie den Dienstleistungssektor.
Inflationsprognostiker seien seit ihrem Höhepunkt vor zwei Jahren optimistisch, dass die Inflation schnell zum Ziel zurückkehren wird. Dabei würde die Inflation deutlich über früheren Prognosen liegen. Die Abbildung 3 zeigt die Diskrepanz zwischen Prognosen und Inflationsraten.

Die Inflationsprognosen der EZB sind geringer als die tatsächliche Inflation 2019 - 2025

Abb. 3: EZB-Prognosen und tatsächliche Inflation in %. Quelle: Gopinath Anlage zu Vortrag EZB- Forum Sintra 26.06.2023

Trotz wiederholter Prognosefehler blieben auch die Märkte besonders optimistisch, dass die Inflation im Euroraum und in den meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften relativ schnell auf nahe Zielwerte zurückgehen würde. Diese Desinflationshoffnungen – wahrscheinlich angeheizt durch den starken Rückgang der Energiepreise – untermauerten die Erwartungen, dass die Leitzinsen bald sinken werden, trotz gegenteiliger Leitlinien der Zentralbanken.

Inflationserwartungen vs. Inflationsprognosen – Definition und Hintergründe

Was ist der Unterschied zwischen Inflationsprognosen und Inflationserwartungen? Dabei handelt es sich um die “Erwartungen” von zwei verschiedenen Gruppen: Inflationsprognosen beziehen sich auf die Vorhersage der zukünftigen Inflation durch Experten oder Institutionen. Inflationserwartungen hingegen beziehen sich auf die Erwartungen von Verbrauchern und Unternehmen hinsichtlich der zukünftigen Inflation. Hier eine Definition:

  • Inflationsprognosen werden von Experten oder Institutionen erstellt, um die zukünftige Inflation vorherzusagen. Diese Prognosen basieren auf verschiedenen Faktoren wie der aktuellen Wirtschaftslage, der Geldpolitik und anderen Faktoren.
  • Inflationserwartungen hingegen beziehen sich auf die Erwartungen von Verbrauchern und Unternehmen hinsichtlich der zukünftigen Inflation. Diese Erwartungen können auf verschiedenen Faktoren wie der aktuellen Wirtschaftslage, der Geldpolitik und anderen Faktoren basieren.

An der Börse wird bekanntlich die Zukunft gehandelt, zumindest die zukünftigen Aussichten oder Gewinne von Unternehmen oder Startups. Der aktuelle Hype um KI ist dafür ein gutes Beispiel. Auch Zinserwartungen spielen an Finanzmärkten bei der Preisbildung von Zinssätzen eine wesentliche Rolle. Genauso trifft dies für die Entwicklung von Verbraucherpreisen zu, wobei die Einschätzung hier bei verschiedenen Gruppen sehr unterschiedlich sein kann. Inflationserwartungen wirken auf Notenbanken, Verbraucher oder Unternehmen ganz unterschiedlich. Für die geldpolitischen Entscheidungen die Europäische Notenbank nicht nur auf aktuelle Inflationsrate der Länder, sondern auch auf die Inflationserwartungen der Verbraucher.

Definition: Inflationserwartungen beziehen sich auf die erwartete Inflationsrate in der Zukunft, wie sie von Einzelpersonen, Unternehmen, Investoren wahrgenommen wird. Sie stellen kollektive Überzeugungen oder Prognosen über die Richtung und das Ausmaß zukünftiger Preissteigerungen in einer Volkswirtschaft dar.

Auswirkungen und Einflussfaktoren

Die Erwartungen der Menschen an die künftige Inflation beeinflussen ihr Verhalten, und daher wird angenommen, dass ihre Erwartungen eine Rolle bei der Gestaltung der Inflation spielen. Inflationserwartungen können daher erhebliche Auswirkungen auf verschiedene Wirtschaftsfaktoren und Entscheidungsprozesse haben und dienen als wichtiger Wirtschaftsindikator. Sie spiegeln das erwartete Inflationsniveau wider und können das Wirtschaftsverhalten beeinflussen, beispielsweise Verbraucherausgaben, Investitionsentscheidungen und Zentralbankpolitik.

Sie sind zukunftsgerichteter Natur und basieren auf Einschätzungen und Prognosen der zukünftigen Wirtschaftslage, einschließlich Faktoren wie Geldpolitik, Fiskalpolitik, Angebots- und Nachfragedynamik und Marktstimmung.

Inflationserwartungen können sich direkt auf die Zinssätze auswirken. Wenn die Inflationserwartungen steigen, könnten Kreditgeber und Anleger höhere Zinssätze verlangen, um den durch die Inflation verursachten Kaufkraftverlust auszugleichen. Zentralbanken berücksichtigen bei der Formulierung ihrer Geldpolitik auch Inflationserwartungen.

Die Erwartungen zur Inflationsentwicklung können Lohnverhandlungen beeinflussen. Arbeitnehmer können höhere Löhne aushandeln, um die erwartete künftige Inflation auszugleichen, während Arbeitgeber die Inflationserwartungen berücksichtigen, wenn sie Lohnwachstumsziele festlegen.

Die Aufrechterhaltung gut verankerter Inflationserwartungen ist ein Ziel der Zentralbanken. Wenn die Erwartungen verankert sind, bedeutet dies, dass Einzelpersonen und Unternehmen darauf vertrauen können, dass die Inflation stabil und innerhalb des Zielbereichs der Zentralbank bleibt. Diese Stabilität kann dazu beitragen, die wirtschaftliche Stabilität zu fördern und eine wirksamere Geldpolitik zu ermöglichen.

Inflationserwartung von Privatpersonen: Umfragestudie der Bundesbank

Die Bundesbank führt seit 2019 regelmäßig eine Befragung zum Thema Inflationserwartungen der Verbraucher durch. In der Abbildung 2 sind die Ergebnisse der aktuellen Studie vom 16.06.2023 dargestellt. Gefragt wurde, wie hoch die Inflationsrate in 12 Monaten sein wird. Im Mai 2023 schätzen die befragten Privatpersonen die Inflationsrate für Mai 2024 mit etwas über 5% ein. Die Verbraucher gehen also von einer nur geringen Abnahme der Verbraucherpreise aus.

Studie der Bundesbank zu den Inflationserwartungen von Verbrauchern

Abb. 2: Inflationserwartung von Privatpersonen zum Juni 2024. Quelle: bundesbank.de/de/bundesbank/

 

EZB

Inflationserwartungen spielen für die Europäische Zentralbank eine entscheidende Rolle bei der Durchführung der Geldpolitik und der Erfüllung ihres Auftrags, die Preisstabilität im Euroraum zu gewährleisten. Hier sind einige wichtige Aspekte der Rolle der Inflationserwartungen für die EZB:

  • Politikformulierung: Die EZB berücksichtigt Inflationserwartungen bei der Formulierung ihrer geldpolitischen Entscheidungen. Durch die Bewertung der Erwartungen der Öffentlichkeit an die künftige Inflation kann die EZB beurteilen, ob diese Erwartungen mit ihrer Definition von Preisstabilität vereinbar sind, die eine mittelfristige Inflationsrate von unter, aber nahe 2 % bedeutet.
  • Kommunikationsinstrument: Die EZB nutzt ihre Kommunikationskanäle, um Inflationserwartungen zu beeinflussen und zu verankern. Durch regelmäßige Erklärungen, Reden und Pressekonferenzen gibt die EZB zukunftsweisende Hinweise zu ihren künftigen politischen Maßnahmen und ihrer Einschätzung der Inflationsentwicklung. Dies prägt die Erwartungen der Marktteilnehmer und Wirtschaftsakteure und beeinflusst so die Inflationsdynamik.
  • Inflationsziel: Inflationserwartungen sind für den Inflationszielrahmen der EZB von entscheidender Bedeutung. Ziel der Zentralbank ist es, die Inflationserwartungen auf einem Niveau zu verankern, das mit ihrem Preisstabilitätsziel vereinbar ist. Gut verankerte Inflationserwartungen können zu stabileren Inflationsraten beitragen, da sie das Lohn- und Preissetzungsverhalten, Konsummuster und langfristige wirtschaftliche Entscheidungen beeinflussen.
  • Politikbewertung: Die Inflationserwartungen dienen als wichtiger Indikator zur Beurteilung der Wirksamkeit der geldpolitischen Maßnahmen der EZB. Wenn die Inflationserwartungen vom Ziel der EZB abweichen oder sich aus der Verankerung lösen, kann dies darauf hindeuten, dass Anpassungen in der Geldpolitik erforderlich sind, um die Preisstabilität zu gewährleisten.
  • Wirtschaftsprognosen: Inflationserwartungen werden im Wirtschaftsprognoseprozess der EZB berücksichtigt. Sie liefern Inputs für die Prognose künftiger Inflationsraten und die Bewertung der Risiken für die Preisstabilität. Diskrepanzen zwischen der tatsächlichen und der erwarteten Inflation können Aufschluss über wirtschaftliche Ungleichgewichte geben und politische Entscheidungen beeinflussen.
  •  Marktreaktionen: Die EZB überwacht marktbasierte Messgrößen der Inflationserwartungen, wie etwa inflationsindexierte Anleiherenditen oder umfragebasierte Indikatoren, um die Ansichten der Marktteilnehmer über zukünftige Inflationstrends zu verstehen. Änderungen dieser Erwartungen können Marktreaktionen beeinflussen, einschließlich Anleiherenditen, Wechselkurse und Vermögenspreise, was Auswirkungen auf Überlegungen zur Geldpolitik und Finanzstabilität haben kann.

Insgesamt spielen die Inflationserwartungen für die EZB eine entscheidende Rolle, da sie die Durchführung der Geldpolitik beeinflussen, die politische Kommunikation leiten und dabei helfen, die Erreichung des Preisstabilitätsziels der EZB zu beurteilen. Durch die Verankerung der Inflationserwartungen und die Gewährleistung ihrer Übereinstimmung mit den Zielen der Zentralbank möchte die EZB die makroökonomische Stabilität fördern und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum im Euroraum unterstützen.

Subjektive Wahrnehmung

Es ist wichtig zu beachten, dass die Inflationserwartungen subjektiv sind und zwischen verschiedenen Gruppen und Einzelpersonen variieren können. Sie werden von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, darunter Wirtschaftsdaten, Markttrends, politische Entscheidungen und psychologische Faktoren. Zur Messung der Inflationserwartungen werden verschiedene Umfragen und Marktindikatoren verwendet, die Aufschluss darüber geben, wie Wirtschaftsakteure den künftigen Inflationsdruck antizipieren.

Wissenschaftlicher Background

Die Theorie über die Messung, Bedeutung und Auswirkungen von Inflationserwartungen ist komplex. Interessierte können sich bei diesen Studien in das Thema einlesen:

„Inflation Expectations and the Stability of the Inflation Process“ von Robert J. Shiller (1996): Diese Studie untersucht die Rolle der Inflationserwartungen im Inflationsprozess und untersucht den Zusammenhang zwischen erwarteter Inflation und tatsächlicher Inflation. Es werden die Implikationen verschiedener Messgrößen der Inflationserwartungen und ihre Auswirkungen auf die Geldpolitik erörtert.

„Inflation Expectations and the Term Structure of Interest Rates“ von John Y. Campbell und Robert J. Shiller (1991): Diese Studie untersucht den Zusammenhang zwischen Inflationserwartungen und der Laufzeitstruktur von Zinssätzen. Es analysiert den Zusammenhang zwischen langfristigen Zinssätzen und den Inflationserwartungen der Marktteilnehmer und beleuchtet die Rolle der Erwartungen bei der Gestaltung von Zinskurven.

„Consumer Sentiment and the Stock Market“ von William N. Goetzmann und Roger G. Ibbotson (1994): Diese Studie konzentriert sich zwar nicht ausschließlich auf Inflationserwartungen, untersucht aber den Einfluss der Verbraucherstimmung auf die Aktienmarktrenditen. Es wird untersucht, wie sich Veränderungen in der Verbraucherstimmung, einschließlich der Wahrnehmung von Inflation und Wirtschaftslage, auf das Verhalten an den Aktienmärkten auswirken.

„The Formation of Inflation Expectations: An Empirical Analysis for the UK“ von Jagjit S. Chadha, Sean Holly und Peter A. Smith (2013): Diese Studie konzentriert sich auf die Bildung von Inflationserwartungen mithilfe empirischer Analysen auf der Grundlage britischer Daten. Es untersucht die Rolle makroökonomischer Variablen, der Kommunikation der Zentralbanken und anderer Faktoren bei der Gestaltung der Inflationserwartungen einzelner Personen.

„Measuring the Natural Rate of Interest“ von Thomas Laubach und John C. Williams (2003): Obwohl es nicht ausschließlich um Inflationserwartungen geht, untersucht diese Studie das Konzept des natürlichen Zinssatzes, der eng mit den Inflationserwartungen zusammenhängt. Es werden die Schätzmethoden für den natürlichen Zinssatz und seine Auswirkungen auf die Geldpolitik erörtert.

Literatur und Quellenangaben

Hier finden Sie weiterführende Literatur und die Quellenangaben zu dem im Text verwendeten Daten

Bundesbank 16.06.2022 – Perspektiven der deutschen Wirtschaft für die Jahre 2023 bis 2025.

Bundesregierung / BMWI mai 2023 Wirtschaftliche Lage in Deutschland im Mai 2023

Bundesverband deutscher Banken Konjunkturprognose der Banken. Text.

Commerzbank Woche im Fokus Commerzbank-Prognosen

DekaBank Mai 2023 Perspektiven

Deutsche Bank Research Germany: Economic Chartbook

Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V. (DSGV) 06.09.2022 INFORMATIONEN ZUR WIRTSCHAFTSLAGE Ausgabe 3/2022

DIHK 12/2022 Zahlen und Fakten

DZ BANK Research – Ausblick 2023

European Commission 15.05.2023 Economic forecast for Germany

Gemeinschaftsgutachten Forschungsinstitute – Gemeinschaftsdiagnose Sommer 2023: Energiekrise: Inflation, Rezession, Wohlstandsverlust

Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut gemeinnützige GmbH (HWWI) – Aktuelle HWWI-Konjunkturprognose

Handelsblatt Research Institute (HRI) HRI-Konjunkturproghttps://www.hwwi.org/fileadmin/hwwi/Presse/Pressemitteilungen_PDFs/2023-06-07/HWWI-Konjunktur_0623_Tabelle.jpgnose – 09.06.2023

Helaba Wochenausblick 6. Januar 2023. Text. und Prognose März 2023

ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. – ifo Konjunkturprognose Herbst 2023: Inflation und Rezession

IMK Hans Böckler Stiftung 21.07.2023 Neue IMK Prognose. Link.

Internationale Währungsfonds (IWF) – Country NewsGermany

Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. – Konjunktur in der Schockstarre: Deutlicher Rückgang der Inflation

Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel) – Konjunkturprognose 2023: Sommerprognose 2023

KfW 5/2023 Aktueller KfW Konjunkturkompass Deutschland

KPMG Mai 2023 Global Economic Outlook

Institut für Weltwirtschaft Kiel (IWF Kiel)- Konjunkturprognose 2023: Herbstgutachten 2023

ING https://think.ing.com/

IWF Deutschland. Infos.

Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) – IWH-Konjunktur 2023

Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e.V. Essen RWI – RWI-Konjunkturprognose: Konjunktur Sommer 2023

OECD Inflation Forecast. Link, September 2023 Outlook.

PwC Global Economy Watch – Projections

Sachverständigenrat – Jahresgutachten 2023

VÖB – Kapitalmarktprognose Juni 2023

Ang A., Bekaert G., Wei M., 2008: The Term Structure of Real Rates and Expected Inflation. The Journal of Finance, 63(2), 797–849. Text.

Carstensen K., Hawellek, J., 2003: Forecasting Inflation from the Term Structure. Review of World Economics / Weltwirtschaftliches Archiv, 139(2), 306–323. Link.

News

16.05.2023 Empfehlungen des IMF für Deutschland:

“Deutschland hat die Folgen der russischen Gassperre dank einer starken politischen Reaktion und eines milden Winters gut überstanden. Aufgrund der verschärften Finanzierungsbedingungen und des Energiepreisschocks wird jedoch erwartet, dass das Wirtschaftswachstum kurzfristig gedämpft bleibt. Die Gesamtinflation sinkt stetig, die Kerninflation erweist sich jedoch als hartnäckiger. Eine der obersten politischen Prioritäten auf kurze Sicht besteht daher darin, die Desinflation durch eine moderate Verschärfung des fiskalpolitischen Kurses im Jahr 2023 sowie angebotsseitige Reformen zu unterstützen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die deutschen Behörden die Risiken für die Finanzstabilität, die aufgrund der rasch steigenden Zinssätze und der Turbulenzen auf den globalen Finanzmärkten gestiegen sind, weiterhin genau überwachen und angehen. Mit Blick auf die weitere Zukunft wird sich Deutschland mit einer neuen Normalität auseinandersetzen müssen, die eine alternde Bevölkerung, einen anhaltenden Bedarf an Unterstützungsbemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels und ein erhöhtes Risiko einer geoökonomischen Fragmentierung mit sich bringt. Um sich an diese neue Normalität anzupassen, sollte Deutschland Reformen durchführen, um haushaltspolitischen Spielraum für höhere öffentliche Investitionen und steigende alterungsbedingte Ausgaben zu schaffen, das Arbeitskräfteangebot und die Produktivität zu steigern, den grünen Wandel zu beschleunigen und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Risiken zu erhöhen.”

Bundesbankpräsident Nagel am 1. März 2023 “Für Deutschland gehen unsere Expertinnen und Experten mittlerweile davon aus, dass wir für den HVPI im Jahresdurchschnitt 2023 bei einer Inflationsrate zwischen 6 und 7 Prozent landen werden. Aber auch 2024 und womöglich auch 2025 werden die Inflationsraten (einschließlich Kernrate) noch deutlich oberhalb der Zwei-Prozent-Marke liegen.”

Archiv

2021

Die Inflation wird 2021 voraussichtlich auf 1,9 % ansteigen, angetrieben durch vorübergehende Aufwärtsfaktoren, bevor sie 2022 und 2023 zu Raten von 1,5 % und 1,4 % zurückkehren wird, da der Nachfragedruck gedämpft bleibt und die Ölpreise voraussichtlich sinken werden. Der Anstieg der Gesamtinflation im Jahr 2021 spiegelt die Umkehr der deutschen Mehrwertsteuersenkung, die Erholung der Energieinflationsrate inmitten starker Basiseffekte und einen Anstieg der Vorleistungskosten im Zusammenhang mit Versorgungsunterbrechungen wider. Da diese temporären Faktoren Anfang 2022 nachlassen sollten, wird die HVPI-Inflation 2022 und 2023 voraussichtlich ein weitgehend flaches Profil aufweisen die wirtschaftliche Erholung schreitet voran.

Auch die am HVPI gemessene Nahrungsmittelinflation wird voraussichtlich zunehmen. Diese Aufwärtseffekte auf die Gesamtinflation werden im Projektionszeitraum weitgehend durch einen Rückgang der projizierten HVPI-Energieinflation ausgeglichen, wie dies durch die nach unten geneigte Ölpreis-Futures-Kurve bestimmt wird. Im Vergleich zu den von Experten der EZB vom März 2021 erstellten Projektionen wurde die Gesamtinflation für 2021 und 2022 aufgrund positiverer Entwicklungen bei der Flaute und Aufwärtseffekten der Rohstoffpreise nach oben korrigiert.