Sobald ein Paar heiratet oder eine Lebenspartnerschaft eintragen lässt, ändert das Finanzamt die Steuerklasse bei Berufstätigen, die einkommensteuerpflichtig sind, auf die Steuerklassenkombination 4/4. Wenn beide Partner ein etwa gleich hohes Einkommen erzielen, ist die Einordnung in die Lohnsteuerklasse 4 von Vorteil. Verdient ein Ehepartner mehr als der andere, können die Eheleute die Einordnung in die Steuerklassen 3 und 5 beantragen oder das Finanzamt trägt auf Antrag die Lohnsteuerklasse 4 mit Faktor in die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) der Steuerpflichtigen ein. Bei der Wahl der optimalen Steuerklasse hilft entweder ein Steuerberater oder die Steuerzahler nutzen den Steuerrechner, den das Bundesministerium der Finanzen kostenlos anbietet, alternativ unseren Lohnrechner.
Inhaltsverzeichnis
Steuerklasse 4 mit Faktorverfahren
Seit dem Steuerjahr 2010 können berufstätige Paare den Antrag stellen, dass beide Partner in Steuerklasse 4 mit Faktor eingeordnet werden. Dazu muss der Faktor weniger als eins betragen. Das Faktorverfahren ist in § 39f EStG geregelt (http://www.gesetze-im-internet.de/estg/__39f.html). Stimmt das Finanzamt dem Faktorverfahren zu, wird der berechnete Faktor in ELStAM eingetragen.
Berechnung
- Berechnung der Einkommensteuer eines Paares nach dem Splittingverfahren: das zu versteuernde Einkommen beider Ehepartner wird addiert und durch zwei geteilt. Anschließend wird die Einkommensteuer für jeden Einzelbetrag berechnet und die beiden gleichlautenden Ergebnisse werden zum Gesamtbetrag der Einkommensteuer addiert.
- Berechnung der Einkommensteuer für jeden Ehepartner einzeln auf Grundlage seines zu versteuernden Einkommens. Aufgrund der Steuerprogression zahlt der Partner, der mehr verdient, eine höhere Steuer als der Partner mit dem niedrigeren Einkommen.
- Division des Ergebnisses aus 1. durch das Ergebnis aus 2. Da die Einkommensteuer nach dem Splittingverfahren in der Regel niedriger ausfällt als die Einzelberechnung, ergibt sich ein Faktor, der geringer als eins ist.
Auswirkungen
Der Fiskus berechnet den Faktor mit drei Nachkommastellen ohne Rundung, beispielsweise 0,988. Der ermittelte Faktor wird in ELStAM eingetragen und muss vom Arbeitgeber bei der Berechnung der Lohnsteuer beachtet werden. Dazu berechnet der Arbeitgeber zunächst die Lohnsteuer nach Steuerklasse 4 und multipliziert das Ergebnis mit dem in ELStAM vermerkten Faktor. Durch die Multiplikation mit einer Zahl unter eins ergibt sich jeden Monat eine Lohnsteuerersparnis für ein Ehepaar oder eingetragene Lebenspartner. Um die endgültige Steuerschuld für ein Kalenderjahr zu berechnen, sind die Paare zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet.
Beispielrechnung für die Steuerklasse 4 mit Faktorverfahren
Das Faktorverfahren soll bei Ehepaaren die Steuerbelastung gerechter verteilen, wenn beide Partner in etwa gleich viel verdienen. Hier ist eine Beispielrechnung, um die Funktionsweise zu verdeutlichen.
Ausgangssituation:
Ehepartner A: Jahresbruttoeinkommen 40.000 €
Ehepartner B: Jahresbruttoeinkommen 30.000 €
Gemeinsames zu versteuerndes Einkommen: 70.000 €
Schritt 1: Einkommensteuerberechnung
Zunächst wird die Einkommensteuer für das gemeinsame zu versteuernde Einkommen nach dem Splittingtarif berechnet. Im Jahr 2024 beträgt die Einkommensteuer für ein zu versteuerndes Einkommen von 70.000 € bei gemeinsamer Veranlagung (Splittingtarif) etwa 13.374 €.
Schritt 2: Berechnung der Summe der Lohnsteuern in Steuerklasse 4
Für Ehepartner A und B wird die Lohnsteuer in der Steuerklasse 4 ohne Faktorverfahren berechnet:
Lohnsteuer für Ehepartner A (40.000 €): ca. 7.383 €
Lohnsteuer für Ehepartner B (30.000 €): ca. 4.473 €
Summe der Lohnsteuern: 7.383 € + 4.473 € = 11.856 €
Schritt 3: Berechnung des Faktors
Der Faktor wird berechnet, indem die Einkommensteuer nach dem Splittingtarif (13.374 €) durch die Summe der Lohnsteuern in Steuerklasse 4 (11.856 €) geteilt wird:
Faktor = 13.374 € / 11.856 € = 1,128
Schritt 4: Anwendung des Faktors auf die Lohnsteuerberechnung
Der Faktor wird nun auf die Lohnsteuerabzüge der Ehepartner angewendet:
Angepasste Lohnsteuer für Ehepartner A: 7.383 € * 1,128 = 8.325 €
Angepasste Lohnsteuer für Ehepartner B: 4.473 € * 1,128 = 5.043 €
Summe der angepassten Lohnsteuern: 8.325 € + 5.043 € = 13.368 €
Ergebnis
Durch das Faktorverfahren wird die Lohnsteuerbelastung gleichmäßiger auf die Ehepartner verteilt und entspricht der Einkommensteuer nach dem Splittingtarif. Es reduziert das Risiko einer hohen Nachzahlung am Jahresende.
Ohne Faktorverfahren beträgt die Gesamtlohnsteuer 11.856 €, was zu einer hohen Nachzahlung führen könnte.
Mit Faktorverfahren ergibt sich eine Gesamtlohnsteuer von 13.368 €, was der Einkommensteuer nach Splittingtarif nahekommt und Nachzahlungen vermeidet.
Das Faktorverfahren hilft also, die Steuerlast gerechter zu verteilen und Nachzahlungen zu minimieren. Es ist besonders sinnvoll für Ehepaare mit ähnlichen Einkommen.
Gültigkeit
Der berechnete Faktor gilt im Jahr seiner Erstberechnung oder letzten Änderung sowie im Folgejahr. Bei Änderung des Jahreseinkommens können die Steuerpflichtigen einmal im Jahr eine Neuberechnung des Faktors beantragen. Bei Beantragung oder Änderung bestimmter Freibeträge, zum Beispiel für Behinderte oder Hinterbliebene, erfolgt automatisch eine Überprüfung und neue Berechnung des Faktors.
Steuerklasse 4 für Verheiratete mit Kind
Die Steuerklasse 4 ist für verheiratete Paare vorgesehen, bei denen beide Partner Arbeitslohn beziehen und in etwa gleich viel verdienen. Diese Steuerklasse bietet eine gleichmäßige Verteilung der Steuerlast zwischen den Ehepartnern. Wenn ein verheiratetes Paar Kinder hat, gibt es einige zusätzliche Aspekte zu beachten.
Jeder Ehepartner in der Steuerklasse 4 hat Anspruch auf den vollen Grundfreibetrag.
Neben dem Kinderfreibetrag steht Eltern das Kindergeld zu, das monatlich ausgezahlt wird. Das Finanzamt prüft im Rahmen der Steuererklärung, ob der Kinderfreibetrag oder das Kindergeld für die Eltern günstiger ist (sogenannte “Günstigerprüfung”). Meistens ist das Kindergeld vorteilhafter, es sei denn, die Eltern haben ein hohes Einkommen.
Nur halber Kinderfreibetrag
Für die Kinderfreibeträge trägt das Finanzamt einen Zähler in ELStAM ein. Sind die Eltern eines Kindes nicht miteinander verheiratet, erhält jeder Elternteil den Zähler 0,5. Verheiratete Alleinverdienende, die der Einkommensteuerpflicht unterliegen und Steuerklasse 3 zugeordnet sind, erhalten den Zähler 1. Auch wenn sich berufstätige Eltern beide für die Lohnsteuerklasse 4 entscheiden, erhält jeder von beiden den Zähler 1. Aus diesem Grund gewähren die Finanzbehörden für Steuerklasse 4 nur den halben Kinderfreibetrag für jedes Kind, wodurch bei der Berechnung der Einkommensteuer eines verheirateten Elternpaares derselbe Kinderfreibetrag angerechnet wird wir bei einem Alleinverdienenden. Um die monatliche Lohnsteuer zu berechnen, berücksichtigt das Finanzamt den Kinderfreibetrag nicht. Der Freibetrag ist aber relevant für die Ermittlung der Einkommensteuer und er wird bei der Berechnung der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags beachtet.
Vorteile
Die Steuerklasse 4 bietet verheirateten Paaren mehrere Vorteile, insbesondere wenn beide Partner ein ähnliches Einkommen haben. Hier sind die wichtigsten Vorteile dieser Steuerklasse:
Ein wesentlicher Vorteil der Steuerklasse 4 ist die gleichmäßige Verteilung der Steuerlast zwischen den Ehepartnern. Dies ist besonders vorteilhaft, wenn beide Partner ein vergleichbares Einkommen haben. In der Steuerklasse 4 wird die Lohnsteuer ähnlich wie in der Steuerklasse 1 berechnet, sodass keine der beiden Personen einen steuerlichen Nachteil erleidet .
Volle Nutzung des Grundfreibetrags
Jeder Ehepartner in der Steuerklasse 4 kann den vollen Grundfreibetrag nutzen. Der Grundfreibetrag stellt sicher, dass ein bestimmter Betrag des Einkommens steuerfrei bleibt, was die steuerliche Belastung insgesamt reduziert. Dies ist besonders vorteilhaft, da beide Partner den gleichen steuerlichen Vorteil genießen, ohne dass eine Verteilung des Freibetrags erforderlich ist .
Faktorverfahren
Ehepaare können zusätzlich das sogenannte Faktorverfahren anwenden, um die Steuerbelastung noch gerechter zu verteilen. Das Faktorverfahren berücksichtigt den Splittingtarif und verteilt die Steuerlast basierend auf dem gemeinsamen Einkommen der Ehepartner. Dies reduziert das Risiko hoher Nachzahlungen am Jahresende und stellt sicher, dass beide Partner während des Jahres angemessene Lohnsteuerabzüge haben. Dies kann besonders nützlich sein, um finanzielle Planbarkeit und Stabilität zu gewährleisten .
Keine automatische Steuererklärungspflicht
In der Steuerklasse 4 besteht keine automatische Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung, sofern nicht das Faktorverfahren angewendet wird oder andere besondere Umstände vorliegen, wie beispielsweise zusätzliche Einkünfte. Dies kann den administrativen Aufwand für Paare reduzieren, die keine komplexen steuerlichen Verhältnisse haben .
Die gleichmäßige Verteilung der Steuerabzüge und die Möglichkeit, das Faktorverfahren zu nutzen, tragen zur finanziellen Planbarkeit bei. Paare können ihre monatlichen Ausgaben besser kalkulieren und haben eine klare Vorstellung davon, wie viel Netto sie zur Verfügung haben. Dies ist besonders hilfreich für die Haushaltsplanung und die Verwaltung gemeinsamer Finanzen .
Freibeträge
Für jeden Steuerpflichtigen beinhaltet die Lohnsteuerklasse 4 diese Steuerfreibeträge
- Einfacher Grundfreibetrag
- Arbeitnehmerpauschbetrag oder Werbungskosten, die höher als der Pauschbetrag ausfallen
- Sonderausgabenpauschbetrag oder Sonderausgaben, die höher als der Pauschbetrag ausfallen
- Individuelle Pauschale für Vorsorgeaufwendungen, die Höhe hängt von dem Bruttoeinkommen des Steuerpflichtigen ab
- Halber Kinderfreibetrag für jedes Kind, das steuerlich zu berücksichtigen ist
Finanzminister Lindner will die Steuerklasse III und V zugunsten der Steuerklasse IV abschaffen
Bundesfinanzminister Christian Lindner plant, die Steuerklassen III und V abzuschaffen und diese in die Steuerklasse IV mit dem Faktorverfahren zu überführen. Dies soll entsprechend dem Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen zum Entwurf eines zweiten Jahressteuergesetzes 2024 (2. Jahressteuergesetz 2024 – JStG 2024 II) ab dem 1. Januar 2030 umgesetzt werden (Maßnahme: “Überführung der Steuerklassen III und V in die Steuerklasse IV mit Faktor”). Ziel dieser Reform ist es, die steuerliche Belastung gerechter zu verteilen und insbesondere die Benachteiligung des geringer verdienenden Partners in der Steuerklasse V zu beenden.
Bedeutung der Reform für Steuerklasse IV: Mit der Abschaffung der Steuerklassen III und V werden alle Ehepaare automatisch in die Steuerklasse IV mit Faktorverfahren überführt. Dies bedeutet, dass die steuerliche Belastung gleichmäßig auf beide Partner verteilt wird, basierend auf ihrem jeweiligen Einkommen. Das Faktorverfahren ermöglicht eine genauere Anpassung der Lohnsteuerabzüge während des Jahres und minimiert das Risiko von Nachzahlungen am Jahresende.
Informationen zu den anderen Steuerklassen finden Sie hier:
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