Auch wenn es sich bei dem Begriff Crowdfunding um einen englischen Ausdruck handelt, verwenden deutsche Finanzexperten den Begriff wesentlich häufiger als die deutschen Übersetzungen Gruppenfinanzierung oder Schwarmfinanzierung. Im Jahr 2012 wurde das Wort Crowdfunding von der Freien Universität Berlin sogar zum Anglizismus des Jahres gewählt, weil der Ausdruck in den Sprachgebrauch der deutschen Verbraucher übergegangen ist und die deutsche Sprache sinnvoll bereichert. Inzwischen ist das Thema auch in der Gesellschaft und der Wirtschaft angekommen. So investieren beispielsweise Privatanleger auf Crowdfunding Plattformen in Start-ups.
Begriff & Erklärung: Beim Crowdfunding handelt sich um eine moderne Finanzierungsform, bei der Existenzgründer, soziale, kreative oder kulturelle Vorhaben sowie Start-ups das Startkapital nicht von einer Bank oder Sparkasse erhalten. Stattdessen geben viele Investoren kleine oder größere Beträge an die Unternehmer oder Betreiber der verschiedenen Projekte. Durch die Finanzierung aller Arten von Vorhaben durch eine Gruppe wird der Finanzmarkt um neuartige und kreative Konzepte bereichert. Außerdem erhalten Kleinanleger die Möglichkeit, in Großprojekte zu investieren.
Die Investoren erhalten entweder keine Gegenleistung, eine immaterielle Vergütung oder einen finanziellen Anteil am Erfolg des finanzierten Projekts. Gleichzeitig besteht aber auch die Gefahr, das investierte Kapital komplett zu verlieren, wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf ihrer Homepage warnt.
Inhaltsverzeichnis
- 1 So funktioniert Crowdfunding
- 2 Verschiedene Arten von Crowdfunding Plattformen
- 3 Geldanlage und Investment
- 4 Steuern
- 5 Risiken & Nachteile: Totalverlust möglich
- 6 Die rechtliche Regelung der Schwarmfinanzierung
- 7 Projektbeteiligung online auf einer Plattform
- 8 Crowdtesting-Anbieter auf dem deutschen Markt
- 9 Literatur & Prognosen
So funktioniert Crowdfunding
Ein Jungunternehmer hat eine gute Geschäftsidee, mit der er eine eigene Firma gründen möchte. Häufig lehnen herkömmliche Kreditinstitute die Finanzierung jedoch ab, weil die Bonität des Antragstellers nicht ausreicht oder weil sie von dem Erfolg des neuen Geschäftsmodells nicht überzeugt sind. In dem Fall kann sich der Unternehmer an eine Vielzahl von Investoren wenden, die das Projekt gemeinsam finanzieren. Die Gruppe der potenziellen Geldgeber wird auch als Schwarm oder auf Englisch als Crowd bezeichnet. Geldgeber und Geldnehmer finden im Internet auf verschiedenen Plattformen zusammen. Crowdinvesting ist nicht zu verwechseln mit Robo Advisor.
Investment für Privatpersonen oder professionelle Anleger
Privatpersonen und Unternehmer stellen auf den Plattformen das Projekt vor, für das sie Geld benötigen. Je genauer die Vorstellung ausfällt, umso schneller finden sich Investoren, die das Vorhaben finanziell unterstützen. Die Antragsteller stellen sich in der Regel in einem kurzen Video vor und erklären, wie sie auf die Geschäftsidee gekommen sind, welche Kompetenzen sie zur erfolgreichen Ausführung mitbringen und warum sie auf die Hilfe der Crowd hoffen. Bei kleineren Projekten drehen die Beteiligten das Video meist selbst, während größere Vorhaben auch durch ein professionelles Filmteam vorgestellt werden.
Details zu Fristen & Beträge & Kosten
Bei Veröffentlichung einer Anfrage muss der Antragsteller angeben, welchen Betrag er in welcher Zeit zusammenbekommen möchte. Die Frist zur Erreichung der gewünschten Summe liegt in der Regel zwischen einem und drei Monaten. Es gibt aber auch Plattformen, bei denen der Antrag auf eine Schwarmfinanzierung ohne zeitliche Begrenzung laufen kann. Bei einigen Plattformen kommt die Finanzierung nicht zustande und die Investoren erhalten ihr Geld zurück, falls sich bis zum Ablauf der Frist nicht genügend Geldgeber finden, die die Gesamtsumme aufbringen. Andere Anbieter leiten das bis zum Ablauf der Kampagne gesammelte Geld an den Antragsteller weiter, auch wenn das Ziel bis dahin nicht erreicht wurde.
Die geforderte Summe sollte genau kalkuliert werden und der Projektleiter sollte die möglichen Kosten mit einrechnen, damit sich im Laufe des Projektes keine Finanzierungslücken zeigen. Zu den möglichen Kosten für ein Crowdfunding-Projekt gehören:
- Kosten für Materialeinkauf und Produktion
- Entgeld für Mitarbeiter
- Kosten für die Miete von Produktionsstätten, Lagerräumen oder Büros
- Gebühren für die Crowdfunding Plattform
- Gebühren für andere Zahlungsdienstleister
- Kosten für die Rewards an die Crowd inklusive Versandkosten
Bei den Investoren kann es sich sowohl um Privatpersonen als auch um professionelle Anleger handeln. Nicht immer erwarten die Geldgeber, dass sie Zinsen für ihr Investment erhalten. Vor allem bei kulturellen und kreativen Projekten versprechen die Künstler oder Erfinder, jedem Mitglied der Crowd ein Exemplar des fertigen Produkts zuzusenden oder die Investoren zu einem besonderen Event einzuladen. Dabei kann es sich um eine Vernissage, eine Filmpremiere oder die Erstaufführung eines Theaterstücks handeln, zu dem die Geldgeber kostenlosen Eintritt erhalten. Die Existenzgründer können die Belohnung für die Crowd öffentlich gestalten und so gleichzeitig Werbung für ihr Produkt machen.
Verschiedene Arten von Crowdfunding Plattformen
Da es verschiedene Plattformen gibt, auf denen die Initiatoren ihre Pläne veröffentlichen können, ist es wichtig, die passende Plattform zu wählen. Die Beteiligten unterscheiden vier verschiedene Modelle der Finanzierung eines Vorhabens durch eine große Gruppe von Geldgebern:
- Crowdfunding mit Gegenleistung, international als Reward Based Crowdfunding oder Crowdsupporting bezeichnet
- Spendenbasiertes oder Spenden Crowdfunding, auf Englisch Donation Based Crowdfunding oder Crowddonation genannt
- Kreditbasiertes Crowdfunding oder Crowdkredit, in der englischen Übersetzung als Lending Based Crowdfunding oder Crowdlending bekannt.
- Crowdinvesting, auch als Equity Based Crowdfunding bezeichnet
Spenden: Crowdsponsoring
Bei den Finanzierungsformen mit Gegenleistung und basierend auf Spenden sprechen die Beteiligten auch von Crowdsponsoring. Wenn eine Gruppe von Investoren Geld für ein gemeinnütziges Projekt spendet, erhält sie dafür keine Gegenleistung. Die Investoren treten als Wohltäter auf, die für eine wohltätige Sache Geld geben. In einigen Fällen veröffentlichen die Initiatoren nach Abschluss des Projekts eine öffentliche Danksagung, falls in der vorgegebenen Zeit die gewünschte Summe zusammengekommen ist. Als Sonderform des Spenden Crowdfunding sind Sammelaktionen zu sehen, die zu einem Geburtstag, einer Hochzeit oder der Verabschiedung eines Kollegen eingerichtet werden.
Die Gegenleistung beim Crowdsupporting besteht aus einem symbolischen Dankeschön, nicht aus einer Geldleistung. So werden die Geldgeber zum Beispiel im Abspann eines Films genannt oder sie dürfen die Produktionsstätte besuchen. Da es sich bei diesen beiden Finanzierungsformen um Finanzprodukte handelt, bei denen die Investoren ihr Geld nicht zurückerhalten und ihnen kein finanzieller Gewinn versprochen wird, müssen die Projekte nicht ausdrücklich von der BaFin genehmigt werden.
Beim Crowdinvesting und Crowdlending beteiligt sich die Crowd an den vorgestellten Projekten in der Erwartung, sowohl das investierte Kapital als auch Zinsen oder einen andere Form von Rendite zurückzuerhalten. Die Antragsteller stellen als Gegenleistung eine Beteiligung an den zukünftigen Gewinnen beziehungsweise Anteile und Schuldinstrumente (Crowdinvesting) oder eine Rückzahlung der investierten Summe mit oder ohne Zinsen (Crowdlending) in Aussicht. Je nach Gestaltung der Plattform können die Betreiber auf eine Genehmigung durch die BaFin verzichten.
Übersicht der Plattformen
Indiegogo: Die Plattform wurde im Jahr 2008 in den USA gegründet. Der ursprüngliche Zweck lag in der Finanzierung von Filmen. Mittlerweile ist die Plattform international tätig und finanziert über die Crowd Projekte aller Art als Reward Based Crowdfunding.
Kickstarter: Nach eigener Aussage die weltweit größte Plattform für kreative Projekte. Die Gründung erfolgte 2009 in New York. Nachdem die Gelder zunächst über Amazon Payments gesammelt wurden, ist seit Januar 2015 der Zahlungsdienstleister Stripe der Abwickler für die Zahlungen.
Leetchi: Eine Sammelkasse, die für jeden zugänglich ist und bei der die Mitglieder Geld für jeden erdenklichen Anlass sammeln können. Sowohl private Sammelaktionen unter Freunden oder Arbeitskollegen als auch öffentliche Sammelaufrufe können gestartet werden. Die im Jahr 2009 gegründete Plattform hat ihren Sitz in Paris.
Bergfürst: Im Jahr 2011 in Berlin gegründete Plattform für Investitionen in Immobilien. Seit 2012 besitzt Bergfürst eine Lizenz der BaFin als Finanzdienstleister. Ab Juli 2014 kam außerdem eine Banklizenz hinzu, die im Juni 2015 wieder zurückgegeben wurde.
Exporo: Die Gründung erfolgte im Jahr 2014 in Hamburg. Die Crowd kann in verschiedene Immobilienprojekte finanzieren. Die Plattform bietet ausschließlich Crowdinvesting an.
Betterplace: 2007 in Berlin gegründete Plattform zur Sammlung von Spenden. Die Initiatoren betreiben Fundraising für soziale Projekte in aller Welt. Private Spenden werden zu 100% an die Begünstigten weitergegeben. Auswahl Projekte.
Companisto: Im Juni 2012 gegründete Plattform zur Finanzierung von Start-ups. Das in Berlin ansässige Unternehmen bietet Crowdinvesting an. Die Geldgeber erhalten eine Gewinnbeteiligung oder feste Zinsen.
Auxmoney: Bei der Gründung im Jahr 2007 in Hilden und seit 2010 in Düsseldorf ansässiges Unternehmen. Geschäftsmodell ist die Vermittlung von Krediten von privat an privat, auch als P2P-Kredite oder P2P-Lending bezeichnet. Nach eigener Aussage der größte Online-Marktplatz für Peer-to-Peer-Kredite.
Startnext: Die größte Plattform für klassisches Crowdfunding in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Gegründet im Jahr 2010 mit Sitz in Dresden und Berlin. Schwerpunkte sind kreative und nachhaltige Projekte. Link zu den Projekten.
Vision Bakery: Nach eigener Aussage die zweitgrößte Plattform in Deutschland für klassische Schwarmfinanzierungen. Gegründet im Jahr 2010 und seit dem 1. Januar 2011 online. Die Nutzer zahlen nur bei erfolgreicher Finanzierung eines Projekts eine Gebühr.
Seedmatch: Die erste deutsche Plattform für Start-ups. Die Gründung erfolgte im Jahr 2011 in Dresden. Die Mindestanlagesumme beträgt 250 Euro.
Geldanlage und Investment
Anleger, die über eine Investition in ein Projekt nachdenken, haben die Wahl zwischen einer Vielzahl an Plattformen. Damit die Investoren wissen, für welche Art von Vorhaben sie Geld geben, haben sich unterschiedliche Plattformen am Finanzmarkt etabliert. Einige Plattformen bieten nur eine der vier Varianten des Crowdfunding an, während andere Plattformen sämtliche Arten im Programm haben. Vor allem im deutschsprachigen Raum gibt es viele regionale Plattformen, die zum Teil von Banken oder gemeinnützigen Organisationen betrieben werden. Andere Plattformen setzen inhaltliche Schwerpunkte aus den Bereichen:
- Immobilien
- erneuerbare und nachhaltige Energieformen
- Sportprojekte und Unterstützung von Spitzensportlern
- Musik und Film
- Kunst und Kultur
- Existenzgründung
- Gesundheit
- Projekte in Entwicklungsländern
- Lebensmittel
- Gemeinnützige Projekte
- Mode
- Wissenschaft und Technik
Investoren, die sich eine Rendite aus der Geldanlage versprechen, interessieren sich nur für Crowdlending und Crowdinvesting (hier finden Sie eine Übersicht über sichere Geldanlagen) zu.
Crowdlending
Beim Crowdlending vergeben viele Geldgeber einen Kredit an eine Privatperson oder an einen Existenzgründer. Die Antragsteller erhalten aufgrund ihrer Bonität häufig kein Darlehen von einer Bank. Aus diesem Grund wenden sich die Kreditnehmer an eine Plattform, die Kredite von privat an privat vermittelt. Da die Kreditnehmer die potenziellen Kreditgeber davon überzeugen müssen, ihnen Geld zu leihen, bieten sie in der Regel einen Kreditzinssatz an, der zum Teil weit über dem Marktniveau liegt. Die Beteiligten am Crowdlending sind der Kreditnehmer, mehrere Anleger, die vermittelnde Plattform und ein Kreditinstitut mit einer Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Kreditwesengesetz (KWG).
Auf der Plattform stellt der Kreditnehmer sein Vorgaben im Detail vor. Wenn sich genügend Anleger finden, die das Projekt finanzieren möchten, kommt es durch Vermittlung der Plattform zu einem Kreditvertrag zwischen dem Antragsteller und dem Kreditinstitut, mit dem die Plattform zusammenarbeitet. Die Bank verkauft anschließend ihren Anspruch auf Rückzahlung der Kreditsumme in Teilbeträgen an mehrere Anleger. Dazu tritt die Bank ihre Forderung ab und schließt mit jedem Investor einen Forderungskaufvertrag ab. Als Alternative zum Verkauf des Rückzahlungsanspruchs an viele verschiedene Gläubiger tritt das Kreditinstitut in einigen Fällen die Forderung an einen Intermediär ab. Eigentümer des Zwischenhändlers ist die Crowdlending Plattform, die die Gesamtforderung in Teilbeträgen verschiedenen Anlegern anbietet.
Monatliche Rückzahlung
Für die Investition in ein Crowdlending Projekt erhalten die Anleger in den meisten Fällen eine monatliche Rückzahlung. Bei einigen Anbietern erfolgt die Tilgung des Darlehens auch in vierteljährlichen Raten. Die Investoren erhalten mit jeder Auszahlung sowohl eine Tilgungszahlung als auch die anteiligen Zinsen für einen beziehungsweise drei Monate. Die Laufzeit eines Darlehens beträgt zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. Eine Geldanlage bei einer Crowdlending Plattform ist häufig mit Gebühren für den Anleger verbunden. Die bekanntesten Plattformen, wie Auxmoney, Lendico, Crosslend oder Funding Circle, verlangen 1% des angelegten Betrages als Servicegebühr beziehungsweise Vermittlungsprovision. In der Regel wird die Gebühr bei jeder Rückzahlung einbehalten.
Das Geld, das Anleger in die verschiedenen Kreditprojekte investieren, ist nicht abgesichert. Falls der Kreditnehmer mit den Ratenzahlungen rückständig wird, bietet die Plattform Hilfestellungen für die Investoren an. So wird der Schuldner bei einem Ratenrückstand durch das eingeschaltete Kreditinstitut dreimal innerhalb von sechs Wochen angemahnt, den Rückstand auszugleichen. Falls nach insgesamt zehn Wochen kein Geld eingegangen ist, kündigt die Bank den Kredit. Der Kreditnehmer hat zwei weitere Wochen Zeit, den restlichen Kreditbetrag einschließlich der angefallenen Zinsen und Gebühren zu zahlen. Erfolgt keine Zahlung, verwertet die Bank eventuell bestehende Sicherheiten und leitet eine Zwangsvollstreckung ein. Falls sich der Schuldner jedoch in der Insolvenz befindet, haben die Anleger das investierte Kapital komplett verloren und können auch mithilfe der Bank oder der Plattform nicht auf eine Rückzahlung hoffen.
Crowdinvesting
Auch beim Crowdinvesting besteht bei jeder Investition die Gefahr, das angelegte Geld komplett zu verlieren. Auf den möglichen Totalverlust müssen die Betreiber der entsprechenden Plattformen ausdrücklich hinweisen. Der vorgeschriebene Text lautet: „Hinweis gemäß § 12 Abs. 2 Vermögensanlagegesetz: Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen“. Allerdings vergeben die Anleger beim Crowdinvesting keinen Kredit an einen Dritten, der in Raten zurückgezahlt wird. Stattdessen erhalten die Investoren nach Ende der Laufzeit das angelegte Kapital wieder zurück. Der erzielte Ertrag aus der Investition setzt sich aus einer Beteiligung an den Gewinnen der Firma oder aus Anteilen beziehungsweise Schuldinstrumenten, falls das Projekt mit einer Wertpapieranlage verbunden ist, zusammen. Häufig garantieren die Anbieter beim Crowdinvesting den Geldgebern neben einer gewinnabhängigen Verzinsung eine zusätzliche Zinszahlung oder einen Bonus, der sich nach dem Unternehmenswert richtet. Die Auszahlung erfolgt zum Ende des Darlehensvertrages oder bei Verkauf der Firma.
Finanzierung von Start-ups, FinTechs und Existenzgründungen
Vor allem Start-ups, FinTechs und Unternehmen mit einer ungewöhnlichen Geschäftsidee sammeln das Unternehmenskapital über entsprechende Crowdinvesting Plattformen ein. Die Anleger beteiligen sich in einer der folgenden Formen:
- Stille Beteiligung
- Genussrechte
- Partiarische Darlehen
- Nachrangdarlehen
Bei einer stillen Beteiligung zahlt ein Geldgeber eine bestimmte Summe an ein Unternehmen und erhält als Gegenleistung eine Beteiligung an dem Gewinn der Firma. Verluste des Betriebes muss der stille Gesellschafter bis zur Höhe seiner Einlage mittragen.
Genussrecht
Ein Genussrecht ist eine Mischung aus einer Aktie und einer Schuldverschreibung. Es handelt sich um sogenanntes Mezzanine-Kapital, das sich aus Eigenkapital und Fremdkapital zusammensetzt. Genussrechte haben entweder eine feste Laufzeit mit einem fixen Endtermin oder eine Mindestlaufzeit. Wenn das finanzierte Unternehmen einen Gewinn erwirtschaftet, werden die Anleger durch Ausschüttungen beteiligt. Die Auszahlung erfolgt einmal im Jahr nach Feststellung des Jahresüberschusses oder Bilanzgewinns. Falls die Firma einen Jahresfehlbetrag oder Bilanzverlust erwirtschaftet hat, werden die Investoren an den Verlusten beteiligt. Bis zur Fälligkeit der Geldanlage werden die Verluste mit dem Genussrechtskapital verrechnet. Mögliche Gewinne in den Folgejahren dienen zur Auffüllung der Rückzahlungsansprüche der Genussrechtsinhaber. Wenn zum Fälligkeitstermin noch immer die Verluste überwiegen, erhält der Anleger entweder einen geringeren Betrag zurück, als er investiert hat, oder er verliert das komplette angelegte Kapital.
Nachrangdarlehen
Die meisten Crowdinvesting Plattformen bieten jedoch partiarische Darlehen als Nachrangdarlehen an. Bei einem partiarischen Darlehen werden die Investoren an dem Unternehmensgewinn beteiligt und können außerdem eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals erhalten. Der Schwerpunkt muss jeder auf der Gewinnbeteiligung liegen, wie die Bezeichnung partiarisch, also gewinnabhängig, verdeutlicht. Die gesetzlichen Bedingungen eines partiarischen Darlehens schließen eine Beteiligung der Investoren an finanziellen Verlusten des Unternehmens aus, sodass keine Nachschusspflicht für die Anleger besteht. Dennoch kann es zu einem Totalverlust des investierten Kapitals kommen, falls die Firma Insolvenz anmelden muss. Das liegt daran, dass die Crowdinvesting Plattformen, bis auf wenige Ausnahmen, bevorzugt Nachrangdarlehen im Programm haben. Bei einem nachrangigen Darlehen treten die Forderungen der Gläubiger hinter andere Forderungen gegen die insolvente Firma zurück. Aus der noch vorhandenen Vermögensmasse werden zunächst die Ansprüche der vorrangigen Gläubiger bedient, bevor eventuell noch vorhandene Gelder an die Nachranggläubiger verteilt werden. Vor allem bei jungen Unternehmen bleibt nach einer Firmenpleite häufig nicht viel Geld übrig, sodass die Crowd den Totalverlust der Geldanlage hinnehmen muss.
Bis Juli 2015 unterlagen partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen nicht der Prospektpflicht nach dem Vermögensanlagegesetz. Das hat sich jedoch mit dem Kleinanlegerschutzgesetz geändert, das eine grundsätzliche Prospektpflicht für diese Form der Geldanlage vorsieht. Die Crowdinvesting Plattformen berufen sich jedoch auf das Gesetz für Vermögensanlagen, das in § 2a eine Ausnahme für Schwarmfinanzierungen vorsieht (Info). Danach müssen die Plattformen erst dann einen Prospekt veröffentlichen, wenn sie für ein Projekt mehr als 2,5 Millionen Euro einsammeln möchten. Da die Erstellung des Wertpapierprospektes, in dem die Anleger wichtige Einzelheiten über die Geldanlage erfahren und über die Risiken aufklärt werden, circa 80000 Euro kostet, vermeiden die Anbieter diese Ausgabe, indem sie die Investitionssumme geringer als 2,5 Millionen Euro halten.
Steuern
Der Branchenverband der Crowdfunding Szene im deutschsprachigen Raum, German Crowdfunding Network, hat sich in einer Broschüre ausführlich mit dem Thema Schwarmfinanzierung und Steuern auseinandergesetzt. Einige Plattformen argumentieren mit dem Argument, dass es sich bei den Investitionen der Geldgeber um eine Schenkung handelt, die bis zu 20000 Euro steuerbefreit ist. Diese Argumentation ist aber nicht richtig, sondern es fallen in vielen Fällen sowohl für die Geldgeber als auch für die Geldnehmer Steuern an.
Beim Spenden Crowdfunding kann der Geldgeber die Spende steuerlich absetzen, falls es sich bei dem Empfänger um eine anerkannte Organisation handelt, die das Geld für einen kirchlichen, mildtätigen, religiösen, wissenschaftlichen oder als besonders förderungswürdigen Zweck gemäß den Paragrafen 52 – 54 d der Abgabenordnung (AO) einsetzt. Der Spender darf nur eine Spendenquittung und sonst keine oder nur eine Gegenleistung von äußerst geringem Wert, wie eine Weihnachtskarte, erhalten. Info: Spendenrechtliche Beurteilung von „Crowdfunding“ (§ 10b EStG).
Reward Based Crowdfunding
Das Reward Based Crowdfunding sieht Gegenleistungen für die Geldgeber in Form des finanzierten Produkts, eines individuellen Geschenks, einer Vergünstigung, auf Englisch auch Perk genannt, oder als eine Medialeistung im Rahmen von Sponsoring vor. Nur wenn es sich bei dem Investor um eine Firma handelt, können die Gelder unter bestimmten Voraussetzungen als Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Privatpersonen können das angelegte Geld nicht steuerlich absetzen, sondern müssen die Investition als Preis für das Produkt oder das erhaltene Geschenk sehen.
Von Unternehmen eingesammeltes Kapital sind Betriebseinnahmen
Ein Unternehmer, der über eine Plattform das Geld zur Realisierung seiner Geschäftsidee einsammelt, muss den erzielten Erlös als Betriebseinnahme verbuchen und in seiner Einkommensteuererklärung angeben. Da es sich bei den Zahlungen in den meisten Fällen um eine Leistung gegen Entgelt handelt, unterliegen die Beträge außerdem der Umsatzsteuerpflicht. Vor allem das Reward Based Crowdfunding wird häufig als sogenannter Pre-Sale genutzt, bei dem die Investoren das finanzierte Produkt als Gegenleistung erhalten und Kommentare zu der Anwendung und der Markttauglichkeit abgeben können.
Erträge von Privatpersonen
Geldanleger erhalten beim Crowdlending und Crowdinvesting Zinsen, Gewinnbeteiligungen, Anteile oder Schuldverschreibungen. Auch diese Einnahmen unterliegen der Steuerpflicht. Zinseinnahmen werden mit 25% Abgeltungssteuer zuzüglich 5,5% Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer belegt. Bei einem partiarischen Darlehen, Genussrechten, Dividenden aus Aktien und einer typischen stillen Beteiligung erzielen Privatpersonen ebenfalls kapitalertragssteuerpflichtige Einnahmen, während Unternehmen die Gewinne als gewerbliche Einkünfte versteuern müssen. Bei einer atypischen stillen Beteiligung erhalten auch Privatpersonen eine Beteiligung am Vermögen des Unternehmens. Dadurch erzielen sowohl private Investoren als auch Unternehmer bei einer atypischen stillen Beteiligung gewerbliche Einkünfte, die entsprechend versteuert werden müssen.
Einige Plattformen weisen darauf hin, dass sie die Bruttobeträge an die Anleger überweisen, während andere Anbieter bei privaten Investoren die deutsche Abgeltungssteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen. Jeder Anleger ist verpflichtet, sich auf der ausgesuchten Plattform nach der gültigen Reglung zu erkundigen. Falls ein Anbieter die Bruttoerträge an die Geldgeber überweist, sind die Empfänger verpflichtet, die Einnahmen in ihrer Steuererklärung anzugeben und als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern.
Risiken & Nachteile: Totalverlust möglich
Sowohl beim Crowdlending als auch beim Crowdinvesting können die Anleger schon geringe Beträge, in der Regel zwischen 5 Euro und 25 Euro, investieren. Dadurch hat ein Investor die Möglichkeit, eine höhere Anlagesumme aufzuteilen und so das Verlustrisiko zu verringern. Je höher der angebotene Zinssatz oder die in Aussicht gestellte Rendite ausfallen, umso größer ist das Risiko, das eingesetzte Kapital zu verlieren. Daher sollte jeder Anleger bei dieser Form der Geldanlage einen gewissen Verlust einkalkulieren, der durch die erzielten Erträge der übrigen Investitionen ausgeglichen wird. Eine Haftung der Betreiber der jeweiligen Plattform oder eine Einlagensicherung, wie sie bei Geldanlagen auf einem Sparbuch oder bei Tagesgeld bestehen, gibt es beim Crowdfunding nicht.
Die BaFin weist auf Ihrer Homepage darauf hin, dass zahlreiche Plattformen ohne Erlaubnis tätig sind und es sich daher um Investitionen am sogenannten Grauen Kapitalmarkt handelt (www.BaFin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2014/fa_bj_1406_crowdfunding.html).
Banken und Finanzdienstleister müssen nach dem Kreditwesengesetz (KWG), dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) oder nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) eine gesetzliche Erlaubnis besitzen, um ihre Dienste anzubieten. Zahlreiche Crowdinvesting Plattformen sind jedoch bewusst so gestaltet, dass sie ihre Dienste auch ohne Erlaubnis ausüben können. Das bedeutet für die Anleger, dass die Plattformen nicht in dem Maße staatlich überwacht werden, wie es bei erlaubnispflichtigen Anbietern der Fall ist. Außerdem besteht beim Crowdinvesting keine gesetzliche oder freiwillige Einlagensicherung der Anbieter, sodass ein Totalverlust des investierten Kapitals möglich ist.
Die rechtliche Regelung der Schwarmfinanzierung
Bisher ist Crowdfunding in Deutschland nicht gesetzlich geregelt, weil es sich bei dem Ausdruck nicht um einen legal definierten Terminus handelt. Trotzdem ist der Gesetzgeber bemüht, einige Maßnahmen zum Schutz der Anleger zu treffen. So wurde am 3. Juli 2015 das Kleinanlegerschutzgesetz erlassen, dessen Regelungen im Juli 2015, im Januar 2016 und im Januar 2017 in Kraft getreten sind. Die BaFin weist auf ihrer Homepage ausdrücklich darauf hin, dass zahlreiche Plattformen, die eine Schwarmfinanzierung anbieten, absichtlich so gestaltet sind, dass sie dem Grauen Kapitalmarkt zuzuordnen sind. Bei diesem Kapitalmarkt handelt es sich um Anbieter, die nur wenige gesetzliche Vorgaben erfüllen müssen und die nicht der Aufsicht durch die Finanzbehörden unterstehen.
Höchstbetrag durch Kleinanlegerschutzgesetz und Vermögensanlagegesetz
Eine Investition in ein durch die Crowd finanziertes Projekt ist bei einigen Anbietern schon mit sehr kleinen Beträgen ab fünf Euro möglich. Andere Plattformen verlangen eine Mindestanlage von 10 Euro, 100 Euro oder 500 Euro. Der mögliche Höchstbetrag wird durch das Kleinanlegerschutzgesetz sowie das Gesetz über Vermögensanlagen, kurz Vermögensanlagegesetz genannt, festgelegt (www.gesetze-im-internet.de/vermanlg/). Nach den Gesetzen dürfen private Investoren maximal 1000 Euro in ein Projekt investieren.
10.000 Euro Grenze
Nur wenn ein Anleger im Rahmen einer Selbstauskunft auf der Homepage der ausgesuchten Crowdfundingplattform bestätigt, dass ihm ein Guthaben von mindestens 100.000 Euro in Form von Bankguthaben oder sonstigen Finanzinstrumenten frei zur Verfügung steht, darf er bis zu 10.000 Euro für ein Projekt ausgeben.
Wenn ein privater Investor in dem Fragebogen der Plattform wahrheitsgemäße Angaben zu seinem monatlichen Nettogehalt macht, darf er maximal das Doppelte des Netto-Monatseinkommens anlegen, wobei auch hier wieder die Höchstgrenze von 10.000 Euro gilt.
Verkaufsprospekt
Grundsätzlich müssen Vermögensanlagen den Investoren durch einen Verkaufsprospekt vorgestellt werden. Es gibt jedoch auch sogenannte privilegierte Anlageformen, die diesen Prospekt erst ab einer zu finanzierenden Gesamtsumme von mehr als 2,5 Millionen Euro erstellen müssen, sofern das Geld durch eine Plattform gesammelt wird. Daher begrenzen viele Anbieter die Höchstsumme der vorgestellten Projekte auf weniger als 2,5 Millionen Euro. Doch selbst wenn ein Anbieter ein prospektpflichtiges Vorhaben auf einer Crowdfunding Plattform präsentiert, bedeutet die Vorlage des Prospekts nicht, dass es sich um eine sichere Geldanlage handelt. Zwar können die Investoren die Veröffentlichung des Verkaufsprospektes in der Prospektdatenbank der BaFin überprüfen. Gleichzeitig weist die Behörde jedoch darauf hin, dass sie die Prospekte zwar auf die Einhaltung der erforderlichen Formvorschriften prüft, aber keine inhaltliche Überprüfung vornimmt.
Selbst wenn ein Anbieter nicht der gesetzlichen Prospektpflicht unterliegt, ist er auf jeden Fall verpflichtet, ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) zu erstellen und den Interessenten zur Verfügung zu stellen. Auch wenn es sich um ein Minimum an Informationen handelt, sollten die Anleger das VIB sorgfältig durchlesen und bei Fragen und Unklarheiten bei den Betreibern der Plattform nachfragen.
Projektbeteiligung online auf einer Plattform
Wenn sich ein Geldgeber trotz der Risiken für eine Plattform und ein Projekt entschieden hat, ist die Investition schnell erledigt. Der Interessent muss sich einmalig online auf der Plattform registrieren. Auch eine Anmeldung über Facebook oder andere soziale Netzwerke ist bei vielen Anbietern möglich, wodurch sich der Anmelder sofort verifiziert. Bei einigen Plattformen ist die Registrierung umgehend möglich, indem der Investor seinen Namen, seine Anschrift und die Daten seines Personalausweises angibt. Anschließend erfolgt die Wahl der Zahlungsmethode, wobei die meisten Anbieter alle gängigen Verfahren, wie Kreditkarte, Überweisung oder Sofortüberweisung, PayPal, Giropay oder Lastschriftmandat, akzeptieren. Bei anderen Plattformen müssen die Interessenten lediglich ihre E-Mail-Adresse eingeben, um per E-Mail weitere Informationen zu der Anmeldung zu erhalten.
Wenn sich ein Anleger bei einer Plattform mit sofortiger Registrierung angemeldet hat, kann er direkt das erste Geld investieren. Dazu muss nur eine passende Kampagne ausgesucht werden und der Geldgeber muss sich entscheiden, welche Summe er anlegen möchte. Nach Auswahl der gewünschten Zahlart wird der eingegebene Betrag an den Antragsteller weitergeleitet und der Investor erhält entweder sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt die versprochene Gegenleistung.
Crowdtesting-Anbieter auf dem deutschen Markt
Wie gut sind die Plattformen und wie sicher sind die Investments. Diese Unternehmen arbeiten im Crowdtesting:
Testbirds (München)
testCloud (Berlin)
Applause (ehem. TestHub) in Berlin
PASS Technologies (Zürich)
RapidUsertests von Userlutions UG Berlin
Literatur & Prognosen
Bundesfinanzministerium – Praxiserfahrungen mit den durch das Kleinanlegerschutzgesetz vom 3.7.2015 eingeführten Befreiungsvorschriften in § 2a bis §2c Vermögensanlagengesetz. Link zur Studie
Hans Böckler Stiftung – Arbeiten in der Plattformökonomie
Studien 2020 und Prognosen der zukünftigen Entwicklung des Crowdfunding Ecosystems