Mehrwertsteuersätze auf Lebensmittel - eine ÜbersichtFür den überwiegenden Teil der Produkte und Dienstleistungen wird in Deutschland ein Mehrwertsteuersatz von 19% erhoben. Dies gilt allerdings nicht für die meisten Lebensmittel – hier wird nur ein ermäßigter Steuersatz fällig. Erfahren Sie, von welchen Faktoren die Steuerhöhe bei Nahrungsmitteln abhängig ist.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir fordert in einer Talkschau 0 Prozent Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte. Er begründet seine Forderung als sinnvolle und notwendige sozialpolitische Maßnahme, sowie aus gesundheitspolitischer und klimapolitischer Sicht empfehlenswert.

Mehrwertsteuer auf Lebensmittel: Gründe für den ermäßigten Steuersatz

Nach Auskunft der Verbraucherzentrale Sachsen ist der Großteil der Lebensmittel mit dem ermäßigten Steuersatz von 7% belegt. Ferner handelt es sich bei drei Viertel der ermäßigten Artikel um Lebensmittel. Im Jahr 1968 aus sozialen Gründen eingeführt, sollte der ermäßigte Mehrwertsteuersatz die Ausgaben für den lebensnotwendigen Bedarf in einem zumutbaren Rahmen halten und einkommensschwache Haushalte entlasten. Insbesondere soll dieser Familien, Rentnern sowie Bezieher niedriger Einkommen zugutekommen, da diese den Großteil ihrer Einnahme für Güter des täglichen Lebens ausgeben. Ziel war und ist es demnach, die Grundversorgung eines jeden erschwinglich zu halten. Zum Zeitpunkt der Einführung lag der ermäßigte Steuersatz noch bei 5%, der Regelsteuersatz dagegen bei 10%. Erst Mitte dieses Jahres plädierten einige Vertreter von Politik und Wirtschaft dafür, den Steuersatz einheitlich auf 19% festzusetzen.

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Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz (7%) betrifft u. a. die in der Tabelle angegebenen Lebensmittel

7% beträgt in Deutschland die ermäßigte Umsatzsteuer bei Lebensmittel, die der Grundernährung dienen. Darüber hinaus gibt es weitere Ausnahmen (Tabelle 1). Von Bedeutung dabei ist: Es handelt sich um nicht verarbeitete Lebensmittel. Für weitergehend behandelte Lebensmittel trifft dies nicht zu, wie dieses Beispiel zeigt: Garnelen 7% MwSt., aber getrocknete Garnelen, geschälte/gekochte Garnelen, oder Schalen von Garnelen, Futtergarnelen 19% MwSt.

Tab. 1: Ermäßigter Steuersatz von 7% auf Lebensmittel

Art Beispiel
Fleisch
Wurst
Fische Aal, Lachs, Dorade, Forelle, Heilbutt, Hering, Kabeljau, Dorsch, Karpfen
Krebstiere Garnelen, Krabben, Kaisergranate, Süßwasserkrebse
Muscheln Grünschalmuscheln, Jakobsmuscheln, Meermandeln, Miesmuscheln, Venusmuscheln
Kalmar/Tintenfisch
Schnecken Weinbergschnecken, Meeresschnecken
Kartoffeln
Mehl
Gewürze
Gemüse
Früchte
Tee
Kaffeebohnen, pulver
Nüsse
Milch
Zucker
Butter
Käse
Trüffel
Quark
Eier (jedoch kein Eieröl oder gekochte Eier)
Honig

Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7% betrifft unter anderem Fleisch und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse wie Wurstwaren. Ebenso fallen Fische unter diesen reduzierten Steuersatz, darunter Aal, Lachs, Dorade, Forelle, Heilbutt, Hering, Kabeljau, Dorsch und Karpfen.

Des Weiteren zählen Krebstiere zu den Lebensmitteln, für die der ermäßigte Satz gilt. Beispiele hierfür sind Garnelen, Krabben, Kaisergranate und Süßwasserkrebse. Muscheln in verschiedenen Varianten wie Grünschalmuscheln, Jakobsmuscheln, Meermandeln, Miesmuscheln und Venusmuscheln gehören ebenfalls dazu.

Kalmar und Tintenfisch sind weitere Lebensmittel, die unter den reduzierten Steuersatz fallen. Schließlich zählen auch Schnecken wie Weinbergschnecken und Meeresschnecken zu den Lebensmitteln, für die in Deutschland der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7% angewendet wird.

Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir für höheren MwSt-Satz auf Fleisch

Cem Özdemir hat sich auf dem Bauertag in Cottbus am 26/27. Juni 2024 für eine Anhebung der Mehrwertsteuer um einige Prozentpunkte auf Fleischprodukte stark gemacht. Derzeit liegt die Mehrwertsteuer auf Fleisch bei 7%, und der Bundeslandwirtschaftsminister schlägt vor, diesen Satz auf 9% oder 10%, also nicht auf den normalen Steuersatz, zu erhöhen. Die zusätzlichen Einnahmen sollen dazu verwendet werden, den Umbau von Ställen zugunsten des Tierwohls zu finanzieren. Özdemir betont, dass die finanzielle Belastung für Verbraucher verkraftbar sei und dass diese Maßnahme dazu beitragen könnte, die Lebensbedingungen der Tiere zu verbessern und gleichzeitig die Landwirte finanziell zu entlasten​.

Allerdings gibt es auch Kritik an diesem Vorschlag. Vertreter der CDU/CSU-Fraktion äußerten Zweifel daran, dass die zusätzlichen Steuereinnahmen tatsächlich zweckgebunden für den Stallumbau verwendet würden. Sie fordern stattdessen langfristige Verträge zwischen Staat und Landwirtschaft, um sicherzustellen, dass die Mittel auch wirklich bei den Landwirten ankommen​.

Özdemir hofft, dass dieses Vorhaben noch in der aktuellen Legislaturperiode umgesetzt werden kann, und setzt dabei auf eine überparteiliche Mehrheit. Er appelliert an die Ampel-Koalition, trotz bestehender Haushaltsstreitigkeiten, die Stabilität Deutschlands in diesen Zeiten zu sichern​​.

Lebensmittel mit 19% Steuersatz

Neben wenigen Lebensmittel gilt überwiegend für verarbeitete Lebensmittelprodukte der 19% Mehrwertsteuersatz (Tabelle 2).

Tab. 2: Lebensmittel mit 19 % Mehrwertsteuer

Austern
Hummer
Kaviar
Langusten
Schnecken

Süßkartoffel
Eieröl oder gekochte Eier

Mehrwertsteuer auf Getränke: Es gelten folgende Ausnahmen

– Wird der Kakao, Cappuccino, Tee oder Kaffee trinkfertig aus dem Getränkeautomaten bezogen, entfällt die Ermäßigung.

-Bei Gemüse und Früchten hängt die Höhe des Steuersatzes davon ab, wie und ob sie verarbeitet wurden. Werden diese frisch im Supermarkt erworben, werden sie ermäßigt besteuert. Dies gilt auch für Marmeladen oder Smoothies. Für gewöhnliche Möhren-, Orangen- oder Apfelsäfte wird dagegen der volle Steuersatz fällig.

– Für Milchmischgetränke werden 19% berechnet, sofern im fertigen Produkt der Anteil an Milch oder des Milcherzeugnisses unter 75% liegt.

Die volle Mehrwertsteuer wird hingegen beispielsweise bei Mineralwasser, alkoholischen Getränken sowie bei sogenannten Luxusnahrungsmitteln wie Austern, Langusten, Schnecken, Hummer oder Kaviar fällig. Hinweis: Im Gegensatz zu Mineralwasser, wird Trinkwasser aus der Leitung mit 7% besteuert.

-die Mehrwertsteuer auf Kaffeeprodukte ist besonders kompliziert.

Steuersatz von Verzehrsituation abhängig

Die ermäßigte Mehrwertsteuer gilt in der Regel jedoch auch für weiterverarbeitete Lebensmittel wie Backwaren, Getreideerzeugnisse oder Fertiggereichte. Etwas kompliziert wird die Einteilung allerdings bei solchen Speisen, die nicht im Restaurant verzehrt sondern mitgenommen werden. Werden etwa Pizza oder Currywurst außer Haus gegessen, wird die Rechnung mit einer Mehrwertsteuer von 7% ausgestellt. Werden die Gerichte dagegen in der Pizzeria, Mensa, Betriebskantine oder Imbissbude gegessen, wird der volle Steuersatz berechnet. Der Grund: Die Nahrungsaufnahme vor Ort wird als Dienstleistung angesehen. Dies ist gerade auch dann der Fall, wenn der Gastronomiebetrieb seine Gerichte ausschließlich über ein Büffet anbietet. Davon ausgenommen bleiben Schnellrestaurants, die:

– keine Ablagevorrichtungen oder Tische getrennt vom Verkaufstresen bereithalten und

– das Gericht zum sofortigen Verzehr anbieten, ohne dieses etwa mit einer Verpackung zu versehen.

Das Bundesministerium für Finanzen hat mit dem Anwendungserlass vom 20.03.2013 Klarheit bei Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken geschaffen. Das BMF hat damit die Urteile  EuGH vom 10. März 2011 – C-497/09 u. a – sowie der BFH Urteile vom 8. Juni 2011, XI R 37/08, 30. Juni 2011, V R 3/07, V R 35/08, V R 18/10, 12. Oktober 2011, V R 66/09, und vom 23. November 2011, XI R 6/08 sowie der Verordnung (EU) Nr. 282/11 des Rates vom 15. März 2011 (ABl. EU Nr. L 77 S. 1) umgesetzt.

Party- oder Cateringservice

Bei Lieferungen durch Party- oder Cateringservice gilt der ermäßigte Steuersatz nur für die reinen Speisen, es sei denn, es handelt sich dabei nicht um ein steuerlich begünstigtes Nahrungsmittel. Für die Dienstleistung, wie die Anlieferung und beispielsweise die Bereitstellung von Geschirr ist der reguläre Steuersatz fällig (Quelle: zdh.de).

Initiative Senkung der Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Milchprodukte auf 0 Prozent

Die Corona-Krise und die Auswirkungen des Krieges gegen die Ukraine haben die Preise für viele Warengruppen explodieren lassen. Die Inflationsrate in Deutschland ist wie auch in vielen anderen Ländern auf einem langjährigem Allzeithoch. Von Preissteigerungen besonders betroffen sind dabei auch die Nahrungsmittel. Menschen mit geringem Einkommen leider deutlich stärker unter Preissteigerungen von Grundlagenprodukten, da deren Anteil an ihren Ausgaben relativ gesehen sehr viel höher ist als bei Personen mit höheren Einkommen.

Inzwischen gibt es regional, national und auch länderübergreifend Initiativen, die eine deutliche Reduktion des Mehrwertsteuersatzes auf Lebensmittel fordern, sogar auf null Prozent.

EU-Initiative

Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP-Fraktion) ein Positionspapier verabschiedet, in dem konkrete Maßnahmen zur Bewältigung des dramatischen Preisanstiegs gefordert werden. Energie- und Lebensmittelpreise zusammen mit dem Anstieg der Inflation drücken die Kaufkraft der Verbraucher und Unternehmen.
Die Abgeordneten der EVP-Fraktion fordern die Mitgliedstaaten auf, eine klare Agenda für Investitionen in die Energieinfrastruktur der EU, eine Preisobergrenze für russische Kraftstoffe, die Senkung der Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel auf null und für mehr Solidarität in der gesamten EU vorzulegen.
Für die EVP-Fraktion ist es außerdem entscheidend, dass die Last der steigenden Preise von den europäischen Familien genommen wird. „Die EU-Gesetzgebung bietet den Mitgliedstaaten bereits eine Reihe von Möglichkeiten, hohe Preise zu bekämpfen, beispielsweise durch Senkung der Energiesteuern, Verbrauchsteuern und der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Die Mitgliedstaaten sollten diese unbedingt voll ausschöpfen. Für Obst, Gemüse, Milchprodukte und andere Grundnahrungsmittel in der gesamten EU, sollten die Preise im Winter weiter steigen“, sagte Markus Ferber, MdEP, Sprecher der EVP-Fraktion im Ausschuss für Wirtschaft und Währung.

Spanien macht es vor: Seit Januar 2023 liegt der MwStsatz für viele Grundnahrungsmittel bei 0%. Die EU Richtlinie (EU) 2022/542 vom 05.04.2022 (ABl. EU Nr. L 107/2022, 1), erlaubt den Mitgliedsländern den Nullsteuersatz. In Deutschland wurde dagegen nicht einmal die Mehrwertsteuer auf Strom reduziert um die Verbraucher von der hohen Inflation zu entlasten.

Söder, Özdemir und die DeHoGa ziehen an einem Strang

Für eine Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel machen sich in Deutschland mittlerweile ganz unterschiedliche Gruppen stark. Es gibt politisch übergreifend entsprechende Äußerungen bzw. Forderungen von Sozialverbänden, dem Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir, von Marcus Söder, dem Deutscher Hotel- und Gaststättenverband. Auch die Linke ist dabei. Sie hat einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht: „Die Fraktion Die Linke will die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel aussetzen. Der dazu vorgelegte Antrag (20/2077) wurde am Donnerstag, 23. Juni 2022, im Bundestag beraten. Die Vorlage wurde im Anschluss an den federführenden Finanzausschuss zur weiteren Beratung überwiesen. “

Auch die Zukunftskommission Landwirtschaft spricht sich für eine solche Steuersatz-Reduktion aus.

Lebensmittel Mehrwertsteuer EU-Länder

In fast allen Ländern der Europäischen Union gilt für Lebensmittel, Getränke und Gastronomie ein reduzierter Mehrwertsteuersatz.

Frankreich

Details finden sich auf Mehrwertsteuer Frankreich

Österreich

Die Steuer auf Lebensmittel in Österreich ist auf Mehrwertsteuer in Österreich erklärt.

Schweiz

Hier gibt es Informationen für die Besteuerung von Lebensmittel: Mehrwertsteuer Schweiz.

Literatur

Amtsblatt der Europäischen Union (2022), Richtlinie (EU) 2022/542 des Rates vom 5. April zur Änderung der Richtlinien 2006/112/EG und (EU) 2020/285 in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32022L0542 (6. Mai 2022).

Fuest C., Neumeier F., Stöhlker D.,  2022: The Pass-Through of Temporary VAT Rate Cuts in German Supermarket Retail, ifo Working Papers, 341, 16. Text.

Umfrage: Sollte die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse gestrichen werden, wie es die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch fordert?

 

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